UNTER FREIEM HIMMEL
Unbewusst erfüllt Elke Maier, die auf dem besten Wege zu sein scheint, eine Zen Meisterin auf dem Skulpturen-Weg zu werden, eine klassische Forderung des großen Jean Arp: "Der Inhalt einer Plastik muss auf Zehenspitzen, ohne Anmaßung auftreten, leicht wie die Spur des Tieres im Schnee".
Prof. Wolfgang Denk 2012 ehem. Direktor Kunsthalle Krems, Leiter Museumszentrum Mistelbach.
Wolfgang Denk
EIN ZEN WEG ZUR KUNST
KUNST IST MAGIE, BEFREIT VON DER LÜGE, WAHRHEIT ZU SEIN!
Ein berühmtes Zitat, welches überraschenderweise gerade von einem so rationalen Philosophen wie Theodor W. Adorno stammt.
Unsere Wahrnehmungsgewohnheiten wurden in langen vielfach schmerzhaften Lernprozessen festgelegt. Von Geburt an sollen wir in einer ganz bestimmten Weise sehen, hören, Eindrücke auf eine kulturell be- stimmte Weise wahrnehmen und entsprechend reagieren. Wir sollen in bestimmten Ordnungen bleiben im Korsett etablierter Ordnungssysteme. Als Kind malte jede(r), jede(r) formt Figuren, Kinder geben Form.
Jede(r) war als Kind grenzenlos. Später wird gelernt, es werden
Ordnungen übernommen und bestimmte Ordnungen festgesetzt und damit auch Maßeinheiten im weitesten Sinne um die Wirklichkeit
einzuteilen.
Weniger leicht wahrnehmbar ist, dass das Denken und das Sehen auch geschult wurde, unser Wahrnehmungsfeld in ähnliche Maßeinheiten zu unterteilen. Die Schwierigkeit liegt darin, dass zum Beispiel Zentimeter Maßeinheiten sind, die zwar auf dem Maßband, nicht aber in der Natur in Erscheinung treten – die Abgrenzung der Dinge in der Natur entspricht aber den tatsächlich wahrgenommenen Erscheinungsformen. So hebt sich zum Beispiel scheinbar der menschliche Körper, deutlich von den anderen Dingen seiner Umgebung ab. Tatsächlich ist es jedoch so, dass die Haut des Körpers, die Oberfläche eines Körpers nur im Denken nicht aber in der Natur die Dinge wirklich abtrennt. In der Natur ist etwa die Körperhaut ein verbindendes Element eine Brücke sozusagen, die den inneren Organen die Zufuhr von Licht, Wärme und Luft vermittelt.
Solche Wahrnehmungen scheinen mir die Arbeit Elke Maiers bestimmen.
Elke Maier macht nun Kunst in der Natur oder sie lässt Natur in der Kunst die große Rolle spielen! Ihre Kunst ist nun Kunst im Einklang mit der Natur: "Einbezogenheit"! Sie bezieht sich selbst in die Natur ein und die
unendlichen und großartigen Formen der Natur bezieht sie im Gegenzug in ihre Kunst ein.
Die einzigartige Vielfalt und damit die Lebendigkeit der Natur Europas zu erhalten wird zur Überlebensaufgabe. Dieser Aufgabe ist auch das
inzwischen sehr renommierte "Kunst in der Natur" Symposion auf dem Wachtberg, hoch über dem niederösterreichischen Kamp-Tal,
verschrieben.
Ebendort war Elke Maier eingeladen, eines ihrer hypersensiblen Kunst-
werke, die Bearbeitung einer gewaltigen Baum-Skulptur zu erarbeiten.
Dazu schrieb mir die Künstlerin, als sie mich eingeladen hat, einige Worte zu ihrem neuen Katalogwerk ihrer LandArt-Projekte 1996-2012 beizutragen :"Wir begegneten uns im Sommer 2001 am Wachtberg.
Ich hatte dort einen, vom Blitz getroffenen, abgestorbenen Baum in feinstes weißes Garn verwoben .Erinnern Sie sich noch an unser persönliches Gespräch zwischen Baumkrone und Wurzel?"
Ich nahm bei meiner Rede zum Abschlussfest ihre Arbeit aus feinstem
weißen Garn zum Anlass, Grundgedanken zur Kunst zu konstatieren.
Gerade bei konzentrierter Aufmerksamkeit – diese braucht man natürlich zur Sinn suchenden Kunstbetrachtung die ja von den Arbeiten Elke Maiers intensiv eingefordert wird – fällt es uns leichter, unterschiede zwischen dem Naturhaften und dem künstlerischen Eintrag festzustellen als
Gemeinsamkeiten. Die normale visuelle Aufmerksamkeit nimmt die Dinge als Figuren gegen einen kontrastierenden Hintergrund wahr – und unser Denken verstärkt diese Tendenz und betont den unterschied zwischen
Figur und Hintergrund. Skulpturale Werke und Installationen in den WhiteCube Räumen der modernen Galerien und Museen betonen diese Grenzziehungen konsequent.
Kunst in der Natur, in wahrem Sinne, im Einklang mit der Natur so der
"Verwobene Baum" Elke Maiers, geht den umgekehrten Weg – Gestalt und Hintergrund bilden eine unauflösbare Beziehung – eine untrennbare Beziehung von Einheit und ungeheurer Vielschichtigkeit.
Der Umriss ihrer Arbeit, der figural komplexe Kontext einer solchen Arbeit als Innriss des Hintergrundes trennt das Gegensatzpaar voneinander ebenso wie er es verbindet.
Künstler(innen) wie Elke Maier, die sich auf die Natur einlassen, arbeiten daran, die Schwierigkeiten – unsere Schwierigkeiten mit der Untrennbarkeit von Gestalt und Hintergrund – zu überwinden, Energie, Dynamik und die Untrennbarkeit von Körper und Raum vorstellbar zu machen.
Über die Werke der Künstlerin möchte ich nichts wirklich Explizites
aussagen was ohnehin zu sehen und erleb-bar ist, denn gute Kunst hat auch ein Anrecht darauf, dass ihr Geheimnis gewahrt wird.
"Unbewusst erfüllt Elke Maier, die auf dem besten Wege zu sein scheint, eine Zen Meisterin auf dem Skulpturen-Weg zu werden, eine klassische Forderung des großen Jean Arp: "Der Inhalt einer Plastik muss auf Zehenspitzen, ohne Anmaßung auftreten, leicht wie die Spur des Tieres im Schnee".
Prof. Wolfgang Denk 2012 ehem. Direktor Kunsthalle Krems, Leiter Museumszentrum Mistelbach.